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Wie Frauen selbstbewusste Anlegerinnen werden - Wir diskutierten mit!

Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei Finanzanlagen werden oft thematisiert. Dabei fallen biologische Faktoren jedoch nicht so stark ins Gewicht, wie ungleiche Ausgangsbedingungen. Bei der WKO-Veranstaltung „Frauen als Anlegerinnen“ der Fachgruppe Finanzdienstleister am 9. November 2021 drehte sich die Diskussion um das Verständnis der Unterschiede und über die möglichen Lösungsansätze, um noch nicht investierte Frauen vom Nutzen einer Geldanlage zu überzeugen.

Emina Music
4 min
14.11.2021

Wirtschafts- und Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck betonte in ihrer Eröffnungsansprache, dass die Wirtschaftsbildung in Kombination mit digitalen Fähigkeiten in Österreich vorangebracht werden müsse. Es gehe dabei nicht nur um ein frauenpolitisches sondern um ein wirtschaftspolitisches Thema, das auch den Standort betreffe. "Bei der Finanzbildung sei Österreich in den vergangenen Jahren nicht so schnell vorangekommen", meinte die Ministerin.

Die Finanzjournalistin Edith Lackner präsentierte am Beginn der Diskussionsveranstaltung der Finanzdienstleister als Keynote eine aktuelle Studie zum Thema. Die Untersuchung zeigt: Frauen sind seltener bereit, finanzielle Risiken einzugehen und legen weniger häufig ihr Geld am Kapitalmarkt an - Sie leisten mehr unbezahlte Familienarbeit und haben eine massiv geringere Alterspension. Eine wesentliche Erkenntnis war, dass die Unterschiede zwischen Frauen und Männern beim Umgang mit Geld und Vermögen, beispielsweise beim Risikoempfinden in erster Linie sozial bestimmt sind. Oft mangelt es bei Frauen am Selbstvertrauen und Finanzwissen, wie eine Studie der WU Wien zeigt. Ist der erste Schritt gemacht, ein gewisses Basiswissen aufgebaut und die Hürde des Einstiegs in den Kapitalmarkt überwunden, dann gleichen sich die Unterschiede zwischen den verschiedenen Geschlechtern rasch aus. Hier der WKO-Link zur Präsentation von Edith Lackner.

Frauen legen weniger häufig ihr Geld am Kapitalmarkt an

Wenn sie aber den Schritt gemacht haben, dann sind Portfoliostruktur oder Risikoverhalten ähnlich wie bei den Männern. Es geht also in der Anlageberatung in vielen Fällen darum, die erste Hürde zu überwinden – weg vom bisher beliebten Sparbuch hin zum selbstbewussten Anlegen am Kapitalmarkt.

Die Verantwortung dafür, dass das geschieht, liege auch bei den Vermögensberater*innen, die die spezifischen Situationen von Frauen kennen und ansprechen müssen, sagten die Podiumsteilnehmerinnen. "Wir müssen durch Fragestellungen den Bedarf aufzeigen", sagte Silvia Richter, Leiterin der Zürcher Kantonalbank Österreich mit Verweis auf den hohen Unterschied bei den Alterspensionen. Laut Statistik Austria liegt mit € 1.019 der Medianwert bei den Frauen um knapp 50 Prozent unter jenem der Männer: € 2.007. Allein dieser finanzielle Gap - Monat für Monat - ist für jede Frau wert, sich über ihre finanzielle Gegenwart bewusst zu werden und sich über die Gestaltung der Finanzzukunft ernste Gedanken zu machen.

"Wir sind fast verpflichtet, in der Beratung darauf hinzuweisen, dass es in der Pension einen Gap geben könnte", so die Expertin. "Man müsse Kundinnen vorrechnen, dass sich gewisse Dinge nicht ausgehen werden. Dazu gehört auch, einer jungen Frau zu sagen, möglicherweise hält die Ehe nicht für ewig, und dass man für diesen Fall vorsorgen muss", so Richter.

"Dann muss der Mann für die Frau einen Fondssparplan eröffnen"

Mercedes Schoppik von der Masterinvest KAG, appellierte eindringlich, die eklatant tieferen Gehaltsbiografien und die Altersarmut von Frauen ernst zu nehmen – Ein Viertel der alleinstehenden Frauen sei in der Pension armutsgefährdet. Gerade in solchen Fällen sei es wichtig, zu vermitteln, dass man vorsorgen muss, und es gehe dann nicht darum, über Anlagethemen zu reden. "Für eine alleinerziehende Einzelhandelskauffrau, die in Teilzeit arbeitet, ist die Pension das wichtigste", so Schoppik. In solchen Konstellationen seien Investmentfonds-Ansparpläne das geeignete Vehikel, weil man hier mit 50 oder 100 Euro monatlich beginnen und jederzeit aussetzen kann, wenn das Budget die Einzahlung in den Fondssparer nicht erlaubt. Dabei sei einem Aktienfonds der Vorzug zu geben, so Schoppik.

Berater müssten bereits beim Erstgespräch die "Fragen stellen, die unangenehm sein könnten". Etwa, wie ist das Vermögen in der Familie aufgeteilt? "Es gibt in Österreich viele Frauen, die gar kein Einkommen haben. Dann ist meine Meinung, dass der Mann einen Sparplan für sie anlegen muss", so Schoppik. Für diese Forderung gab es Applaus im Publikum, insbesondere etliche männliche Finanzberater drückten ihre Zustimmung aus.

Pandemie und Tiefzinsumfeld

Schoppik warnte außerdem davor, dass die Corona-Pandemie so wie das hartnäckige Tiefzinsumfeld die finanzielle Schlechterstellung von Frauen weiter verstärken könnten. Unbezahlte Betreuung und Pflege nahmen während der pandemiebedingten Lockdowns zu und die Mehrleistung blieb bekanntlich zu einem Großteil an den Frauen hängen. In dieser Situation der beruflich-privaten Mehrfachbelastung denke wohl kaum jemand primär an Veranlagungen. Und das Niedrigzinsumfeld betreffe Frauen, die sich weniger oft an den Kapitalmarkt wagen und lieber beim nicht einträglichen Sparbuch bleiben, ebenfalls härter. Möglicherweise würden sich die wahren Auswirkungen dieser Schlechterstellung in ein paar Jahren noch dramatischer darstellen, so Schoppik.

Finanzbildung wesentlich

Wesentlich sei es in dieser Hinsicht, die Finanzbildung zu verbessern. "Es geht hier um existenzielle Dinge. Es muss schon in Schulen erklärt werden, was ein Investmentfonds ist", so Schoppik.

Dafür sprach sich auch Christoph Obererlacher aus. In einer Studie unter 1000 Österreichern zur Zuversicht in Finanzfragen war das Ergebnis: Personen mit hohem Finanzwissen haben zu 73 Prozent eine hohe finanzielle Zuversicht, Befragte mit geringem Wissen sind hingegen nur zu 59 Prozent von einer guten finanziellen Zukunft überzeugt. Sehr tief ist dieser Wert unter Frauen – nur rund 52 % haben eine finanzielle Zuversicht - 46 % der befragten Frauen haben Bedenken, nicht genügend Geld für ein selbstbestimmtes Leben zu haben.

Generell zeigten die Studien, die im Vorfeld der Diskussion präsentiert wurden, dass Frauen in den meisten Ländern ein geringeres gemessenes Finanzwissen haben. Eine Erklärung liefert die Psychologie: Stereotype Zuschreibungen des Umfeldes sorgen dafür, dass Mädchen von Anfang an von diesem Thema ausgeklammert werden. Damit wird es ihnen verwehrt, von klein auf eine kognitive Landkarte dazu aufzubauen.
Interessant ein Aspekt, auf den die deutsche Finanzpsychologin Monika Müller aufmerksam machte: Mädchen, die in reine Mädchenschulen gehen, legen später exakt dasselbe Risikoverhalten an den Tag, wie Männer, weil sie sich in solchen Themen frei von geschlechterspezifischen Klischees entwickeln konnten.

Alle sollten das TINA-Prinzip kennen

Frauen müssen sich zudem mit neuen Bedingungen am Finanzmarkt auseinandersetzen. In der weiteren Diskussion wurden auch Kryptoassets angesprochen, die ziemlich neu am Markt sind. "Keine Anlegerin und kein Anleger soll mit den riskanten Produkten beginnen, auch wenn sie aktuell noch so stark beworben werden", so Günther Goldenhuber: „Ich bin überzeugt, dass ein Set von einigen guten Aktienfonds mit breiter Diversifizierung den Frauen – und natürlich auch Männern – einen entsprechenden Mehrwert bringt.“ Wichtig sei, Frauen - und allen bisherigen Sparern - das TINA-Prinzip (There is no Alternative) näherzubringen. Gerade wenn heutzutage das eigene Geld sinnvoll angespart werden soll, sei ein vernünftig großer Anteil an Sachwerten unverzichtbar. Mit einem einfachen Sparbuch oder Bauspar-Vertrag verliere man heute auf jeden Fall.

Diese Veranstaltung wurde von der WKO hybrid sowohl als Präsenzveranstaltung als auch als Webseminar abgehalten, sodass das Thema auch für interessierte Teilnehmer online in den Bundesländern verfolgt werden konnte. Im anschließenden Ausklang diskutierten die Teilnehmer und die Podiumsreferenten untereinander an den Stehtischen angeregt weiter.

FONDS professionell hat von dieser Veranstaltung eine FOTO-Galerie erstellt.
Fotocredits: © WKO / Florian Wieser

Die WKO erstellte ein Video als Nachlese zu dieser interessanten Veranstaltung:

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